„Mein Wunsch is‘, dass der ganze Müll weg is‘!“

Johanna Lott, 24, studiert Erziehung und Bildung im Kindesalter im Bachelor an der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin und forscht zum Thema Bürgerbeteiligung mit Kindergartenkindern. In diesem Gastbeitrag schreibt sie über die Wichtigkeit der Beteiligung von jungen Kindern an demokratischen Verfahren – und wie diese möglich gemacht werden kann.

Demokratie ist nicht angeboren, sie muss gelernt werden. Aber um Kindern dieses Lernen zu ermöglichen, muss sie erfahrbar sein. Am besten in Form von Beteiligung an demokratischen Prozessen, auch außerhalb von Kindertagesstätte und Schule. Doch wo passiert das? Wo gibt es das Potenzial zur Beteiligung von Kindern, insbesondere von Kindern, die aufgrund ihres jungen Alters von größeren politischen Entscheidungen noch ausgeschlossen sind?

Bürger*innenhaushalte sind das perfekte Verfahren, um Kinder frühestmöglich an demokratische Prozesse außerhalb der Kita heranzuführen. Dazu verpflichtet nicht nur Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonvention, sondern in Berlin auch das Berliner Bildungsprogramm im Bildungsbereich Soziales und kulturelles Leben.

Es geht vor allem darum, Kindern von klein auf zu vermitteln, dass sie sich beteiligen dürfen und ihre Meinung erwünscht ist. Es gib nicht das Alter, ab dem Demokratiebildung beginnen kann. Kinder sollen in diese partizipativen Prozesse hineinwachsen und sie als selbstverständlich erfahren. Erleben bereits Krippenkinder, wie ältere Kinder aus ihrem Umfeld sich am Bürger*innenhaushalt beteiligen, wächst der Drang nach eigener Beteiligung.

Porträt von Johanna Lott, die eine gebundene Arbeit in der Hand hält
Johanna Lott. (Foto: Herbert Großmann)

Erfahrungsgemäß stehen der Mitwirkung von Kindern an solchen Prozessen meist nur die Bedenken der Erwachsenen im Weg. Den Kindern wird viel zu oft nicht zugetraut, haushaltsrelevante Wünsche zu haben und diese formulieren können. Aus diesen Zweifeln resultiert, dass häufig erst gar keine Zugänge zum Bürger*innenhaushalt für Kinder geschaffen werden.

Dies erzeugt den Anschein, es gäbe für Bürger*innenhaushalte Altersbeschränkungen, auch wenn dies oft gar nicht der Fall ist. Grundsätzlich allerdings sind die Zugänge für alle Menschen, die nicht lesen und schreiben können, beschränkt. Das macht den Bürger*innenhaushalt zu einem eher exklusiven, statt inklusiven Verfahren.

Dabei braucht es nicht viel, um solche Zugänge zu schaffen. Meine Forschungsarbeit aus dem aktuellen Bürger*innenhaushalt 2020/21 in Marzahn-Hellersdorf zeigt, dass Kinder bei altersentsprechender Aufbereitung des Bürger*innenhaushaltverfahrens durchaus in der Lage sind, ihre Wünsche für den Stadtteil zu benennen und über diese abzustimmen. Das zeigt auch die Überschrift dieses Artikels: Dabei handelt es sich um den im Rahmen der Forschungsarbeit geäußerten Wunsch eines 5-jährigen Kindes.

Lediglich lange Umsetzungszeiträume können zur Geduldsprobe werden, dies betrifft erfahrungsgemäß jedoch nicht nur die Kinder. Die Ungeduld zieht sich durch alle Altersgruppen. Kommunikation und Transparenz helfen, diese Herausforderung zu meistern und bilden die Grundlage für einen gelingenden Bürger*innenhaushalt. Wichtig ist zudem, dass Bildungs- und Freizeiteinrichtungen über Verfahren dieser Art informiert und zur Beteiligung eingeladen werden.

Und natürlich gibt es immer Luft nach oben – wünschenswert wäre von Seiten der Verantwortlichen einheitliches und kostenloses Material für alle öffentlichen Bildungs- und Freizeiteinrichtungen, wie beispielsweise Texte und Videos in leichter Sprache, kindgerechte Karten der Stadtteile und einen Projektleitfaden für pädagogische Fachkräfte. Auch kritische Stimmen zur Beteiligung von Kindern an Demokratie und Politik wird es immer geben. Umso wichtiger ist es, dass die Verantwortlichen der Bürger*innenhaushalte sich klar auf Seiten der Kinder positionieren.

Die Kinder unserer Gesellschaft brauchen eine Lebenswelt, in der sie früh eine demokratische Grundhaltung entwickeln können. Bürger*innenhaushalte ermöglichen die aktive Mitgestaltung des zukünftigen Stadtbildes und den Erwerb demokratischer Kompetenzen. Die Beteiligung von Kindern ist darum nicht nur wünschenswert, sondern unabdingbar – geht es doch auch um die Gestaltung ihrer Zukunft. Ziel sollte es sein, dass Kinder sich von klein auf als Demokrat*innen in unserer Gesellschaft erfahren, ihr Recht auf Mitbestimmung immer wieder bewusst einfordern und dahingehend ermutigt werden, sich eben erwähnten kritischen Stimmen zu widersetzen.

Verfasserin: Johanna Lott

Übrigens: Ihr findet Johanna Lott auch auf Twitter.

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