Das magda Caritas Jugendzentrum in Lichtenberg bietet jungen Menschen einen Ort, an dem sie lernen, kochen, kickern oder einfach mal reden können. Langfristig sollen die Jugendlichen dort in ihrer Widerstandskraft gegenüber schwierigen Situationen gestärkt werden.
Wer auf das Holzhaus in der Gotlindestraße in Berlin-Lichtenberg zuläuft, dürfte zunächst den großen Garten bemerken, der zum Gelände gehört. Auch wenn er im Winter gezwungenermaßen ein bisschen verlassen und grau daherkommt, kann man erkennen, dass sich noch im Sommer viel Arbeit und Leben darin abgespielt haben müssen: Ein Hochbeet und eine Kräuterschnecke wurden angelegt, die Mauer, die das Gelände vom Betriebshof Lichtenberg abgrenzt, mit zahlreichen Graffiti-Kunstwerken verziert und sogar eine Bar aus Holz gebaut. „Die Bar haben einige Jugendliche in diesem Sommer selbst gebaut und den Weg davor gepflastert“, erzählt Florian Ruf. Der 26-Jährige arbeitet seit März 2018 im „magda“, einem von zwei Jugendzentren der Caritas in Lichtenberg. Vor einem Jahr hat er dort auch die Leitung übernommen.
Florian Ruf führt weiter durchs Gebäude: Das Holzhaus wurde 2016 erbaut, das Außengelände ein Jahr später, innen wirkt es offen, hell und geräumig. Im Zentrum befindet sich ein weitläufiger Gemeinschaftsraum mit offener Küche, die den Jugendlichen zur Verfügung steht: „Nach der Schule können sich die Jugendlichen hier auch mal eine Pizza in den Ofen schieben – täglich kochen wir hier aber auch gemeinsam“, sagt Florian Ruf. Vom Gemeinschaftsraum gehen mehrere Räume ab: Ein „Chill-Raum“ mit Sofas, ein Medienraum mit mehreren PCs, an dem die Jugendlichen arbeiten können, und, besonders beliebt: Der Billardraum am hinteren Ende des Bereichs. Auch die Büros der Mitarbeiter*innen befinden sich hier, durch große Fenster sind sie vom Gemeinschaftsraum aus einsehbar. Sechs Mitarbeiter*innen sind im „magda“ zur Zeit fest angestellt, Florian Ruf mit eingeschlossen. Unter ihnen ein Erzieher, ein Musiker, ein Medienpädagoge und zwei angehende Sozialarbeiter*innen, die noch studieren. Sie arbeiten zwischen fünf und 40 Stunden pro Woche im Jugendzentrum.
Hausaufgaben machen, Kicker spielen – und Ansprechpartner*innen finden
Hier bieten sie Jugendlichen ein Nachmittagsprogramm an, die zum Beispiel nicht ganztags beschult werden. Dabei richtet sich das Angebot vor allem an junge Menschen ab zwölf Jahren mit und ohne Migrationshintergrund oder Fluchterfahrung. Je nach Bedarf und Lust können sie im „magda“ lernen, Hausaufgaben machen, aber auch Kicker und Billard spielen und vor allem Ansprechpartner*innen finden. „Wir werden hier regelmäßig mit Problemen wie Gewalterfahrungen, Straftaten oder Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz konfrontiert – so ziemlich alles, was man sich so vorstellen kann. Wir nehmen dann die Rolle der Vermittler ein“, erklärt Ruf. Im „magda“ setze man auf „offene“ Jugendarbeit – das heißt, die Jugendlichen entscheiden frei und selbständig, ob und wann sie im Jugendzentrum vorbeikommen. Vor Ort gehe es dann vor allem um die Stärkung der psychischen Widerstandsfähigkeit der jungen Menschen gegen Lebenskrisen, Problemlagen und andere Widrigkeiten, erklärt Florian Ruf – in der sozialen Arbeit nenne man das „Resilienz“.
Das Holzhaus ist außerdem in einen Jugend- und einen Kinderbereich aufgeteilt. Während das „magda“ über die Caritas läuft, ist das Sozialwerk des demokratischen Frauenbundes e.V. Träger der „kids-OASE“ für Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren. Zwischen dem zwölften und dem 14. Lebensjahr ist eine Übergangsphase vorgesehen, in der die jungen Menschen auch am Programm vom „magda“ teilnehmen können, wenn sie möchten. „Theoretisch ist das ‚magda‘ offen für Jugendliche zwischen zwölf und 27 Jahren, praktisch sind die meisten zwischen 14 und 18 Jahre alt“, schätzt Florian Ruf. Kinder- und Jugendbereich sind durch einen großen Raum verbunden, in dem manchmal Programm für beide Bereiche angeboten wird,beispielsweise Tischtennis oder verschiedene kreative Angebote. Außerdem können dieser und weitere Räume des Holzhauses von Gruppen oder Privatpersonen gemietet werden: Derzeit finden zum Beispiel regelmäßig Sportkurse speziell für Frauen und Senior*innen sowie ein Arabischkurs im Gebäude statt. Darüber hinaus hat das „magda“ einmal wöchentlich die Sporthalle gemietet, die sich direkt nebenan befindet: „Je nachdem, wer dann da ist und Lust hat, spielen wir dann zum Beispiel Fußball“, so Florian Ruf.
Von „Magdalena“ zu „magda“
Als Jugendzentrum existiert das „magda“ nicht erst seit dem Bau des Holzhauses, sondern bereits seit 18 Jahren: Ab 2002 befand es sich in der Albert-Hößler-Straße, wegen seiner Nähe zur U-Bahnstation „Magdalenenstraße“ erhielt es seinerzeit als Kinder- und Jugendzentrum den Namen „Magdalena“. Der 54-jährige Tobias Postulka ist seit fast zwanzig Jahren als Medienpädagoge in der Jugendarbeit tätig, die meiste Zeit davon hat er beim Jugendzentrum der Caritas gearbeitet: „Ein toller, abwechslungsreicher Job“, wie er betont. Unter dem Namen „Magdalena“ habe das Jugendzentrum damals noch eine andere Zielgruppe gehabt, erzählt er. „Vorwiegend richtete sich das Angebote an russische Spätaussiedler. Es ist damals häufiger zu Rivalitäten unter den Jugendlichen gekommen, das Jugendzentrum sollte ihnen ein Zuhause und Lernort sein.
Anfangs bot Postulka im „Magdalena“ ein Internetcafé und ein Internetradio für Mädchen an, später kamen ein WebTV-Kanal und verschiedene Rap-Projekte, zum Teil speziell für Jungen, dazu. Das Gebäude in der Albert- Hößler-Straße war jedoch schon alt und baufällig, 2015 mussten sie es deshalb verlassen. „Nachdem wir das alte Gebäude räumen mussten, waren wir eine Zeit lang mobil tätig“, so Tobias Postulka. „Wir haben dann verschiedene Jugend- und Familieneinrichtungen aufgesucht und unser Angebot dort durchgeführt.“
Die Sanierung des Gebäudes wäre teurer gewesen, als neu zu bauen; deshalb habe man sich damals für den Bau des Holzhauses entschieden. Weil viele der Jugendlichen, die damals regelmäßig ins Jugendzentrum kamen, mit dem Umzug ins Holzhaus „mitwanderten“, wünschten sich einige von ihnen, den Namen beizubehalten: So sei es letztendlich bei „magda“ geblieben.
Heute liegt der Arbeitsschwerpunkt des „magda“ auf der Vermittlung einer gesunden Lebens- bzw. Ernährungsweise sowie einer kompetenten Mediennutzung: „Bei meiner Arbeit geht es auch darum, Lernorte in einem informellen Rahmen anzubieten, die auch einen Kontrast zur Schule darstellen“, sagt Tobias Postulka. Über Chancen und Gefahren im Internet aufzuklären, Befähigung und Schutz zu vermitteln, das seien zentrale Aufgaben für ihn als Medienpädagogen: „In diesem Zusammenhang sind Jugendrechte damals wie heute total wichtig.“ Beispielsweise hätten sich schon Kinder an ihn gewandt, die von sexueller Nötigung im Internet betroffen gewesen seien. „Ich habe sie und ihre Eltern dann dabei unterstützt, Anzeige zu erstatten“, erzählt Postulka.
Die Verträge mit dem Jugendamt, die dem „magda“ seine Finanzierung sichern, laufen immer über zwei Jahre und werden dann wieder neu ausgehandelt. „Das erschwert die Arbeit etwas, da man nicht gut langfristig planen kann“, erklärt Florian Ruf. Damit gemeinsam mit den Jugendlichen im „magda“ regelmäßig ein Mittagessen gekocht werden kann, spenden ihnen jedoch verschiedene Vereine und Organisationen Geld. Seit acht Jahren ist das „magda“ zum Beispiel ein Projekt der „RTL-Stiftung“ und kann sich deshalb in Teilen durch den „RTL-Spendenmarathon“ finanzieren: Mit dem zusätzlichen Geld war es dem „magda“ unter anderem möglich, drei der Computer zu kaufen, an denen die Jugendlichen jetzt Hausaufgaben machen oder Referate vorbereiten können.
Ausflüge und Kooperationen
Neben dem täglichen Nachmittagsprogramm veranstaltet das „magda“ am Wochenende manchmal Übernachtungen im Jugendzentrum. Außerdem werden gemeinsam Ausflüge unternommen: Dieses Jahr wurde bereits zusammen der Heidepark besucht und Go-Kart gefahren: Unternehmungen, die sich die Jugendlichen in der Regel privat nicht leisten könnten. Wer im „magda“ mitfahre, beteilige sich hingegen finanziell in Form eines Eigenbeitrags, der letztlich symbolisch sei und deutlich unter dem Normalpreis dieser Veranstaltungen liege, sagt Florian Ruf. Das gleiche gelte für die Sommerferienfahrt, die das „magda“ jährlich organisiert: „Das Reiseziel bestimmen wir immer gemeinsam und nehmen dabei auf alle Rücksicht. Manche der Jugendlichen dürfen zum Beispiel Deutschland derzeit nicht verlassen, weil sie geflüchtet sind.“ 2019 ging es für die Jugendlichen nach Stralsund.
Darüber hinaus ist das „magda“ auch immer wieder an Projekten beteiligt, die in Kooperation mit anderen Institutionen organisiert werden. Aktuell beispielsweise an einer Sonderausstellung des Märkischen Museums, deren Beginn für den 26. April geplant ist: Unter dem Motto „Chaos und Aufbruch: Berlin 1920-2020“ zum Thema „100 Jahre Stadtgeschichte“ beteiligen sich die Jugendlichen, die Lust haben, indem sie einen eigenen Teil der Ausstellung organisieren. „Als das Museumsprojekt im Plenum vor 14 Jugendlichen vorgestellt wurde, war ich anfangs skeptisch, ob es als Thema nicht zu trocken ist. Im Anschluss haben sich jedoch elf von ihnen direkt angemeldet“, erzählt Tobias Postulka begeistert.
Viele verschiedene Projekte haben sie im magda schon organisiert. Ein Großteil der Jugendlichen kommt aber in erster Linie vorbei, um zu reden. So wie Mohammed: Der 16-Jährige wohnte vor zwei Jahren noch ganz in der Nähe des Jugendzentrums und kannte es durch einen Freund; seitdem schaut er immer wieder im „magda“ vorbei, „fast jeden Tag“, wie er sagt. „Das macht mir einfach Spaß, manchmal mache ich hier Hausaufgaben. Oft bin ich aber auch nur wegen der Betreuer hier, die mag ich nämlich voll gerne.“ Zwei der Jugendlichen, die bereits vor vielen Jahren ihre Nachmittage im Jugendzentrum verbracht haben, seien jetzt sogar noch als Erwachsene im „magda“ involviert, erzählt Florian Ruf: „Sie helfen jetzt ehrenamtlich mit und tragen als „Jugendkapitäne“ auch ein eigenes Stück Verantwortung. Auf diese Weise bekommt man den Sinn der eigenen Arbeit immer noch am deutlichsten zu spüren.“
Ihr könnt das magda Caritas Jugendzentrum auch auf Facebook finden und seine Homepage besuchen.