Veranstaltungsbericht: Fachdiskussion „Gemeinsam Berlin: Vielfalt fördern, Rassismus abbauen!“

Montag, 23.08.2021 von 18-20:30 Uhr im Michelberger Hotel am U-Bahnhof Warschauer Straße

Ein Tisch mit einer Blumenvase vor einer geöffneten Tür, daneben ein Rollup mit dem Text "Stadt für alle: Wie kommt Berlin voran? Am besten mit allen." und Logo GEMEINSAM BERLIN

Unter dem Titel „Gemeinsam Berlin – Vielfalt fördern, Rassismus abbauen!“ haben wir bereits im April gemeinsam mit Aktivist:innen und Interessierten Ansätze und Maßnahmen diskutiert, wie Teilhabemöglichkeiten und die gesellschaftliche Repräsentation von BIPoC und Menschen mit Migrationsgeschichte gestärkt und verbessert werden können.

Um diese Ansätze zu vertiefen, haben wir erneut Expert:innen eingeladen, mit uns zu diskutierten. Zu Gast waren Elif Eralp (Die Linke), Susanna Kahlefeld (Bündnis 90/Die Grünen), Katarina Niewiedzial (Integrationsbeauftragte des Landes Berlin) und Serdar Yazar (BQN Berlin). Moderiert haben den Abend Jeff Kwasi Klein und Ouassima Laabich-Mansour.

Das „Gesetz der offenen Tür“

Den thematischen Einstieg zum „Gesetz der offenen Tür, (dem) Partizipationsgesetz für eine moderne Verwaltung in der Migrationsgesellschaft“ lieferte Katarina Niewiedzial. Sie berichtete über die Inhalte der Novellierung des Partizipations- und Migrationsgesetzes (PartMigG), das sinnbildlich sowohl kommunale Türen öffnen soll als auch solche in der Verwaltung, in Landesbetrieben sowie in den Schulen. Es soll helfen, Lücken zu erkennen, Barrieren und Hindernisse zu beschreiben und abzubauen.

Serdar Yazar, Co-Geschäftsführer des BQN Berlin, berichtete aus der Praxis der Beratung, was das PartMigG für die Öffnung von Behörden und Betrieben verändert und wo noch Handlungsbedarf besteht. Zwar ließen sich bereits starke Veränderungen im Bereich der Diversitätsförderung feststellen, doch das Fehlen umfassender differenzierter Daten über die aktuelle Besetzung von Stellen unter Berücksichtigung bspw. der Besoldungs- und Entgeltgruppe stelle noch eine große Herausforderung dar. Bei Stellenausschreibungen müsse deutlich formuliert werden, dass Bewerbungen von Personen mit Migrationsgeschichte ausdrücklich erwünscht seien, und es müssen zusätzlich geeignete Personalmarketingmaßnahmen ergriffen werden. Personen mit Migrationsgeschichte sollten gezielt angeworben und in besonderem Maße berücksichtigt werden.

Hierzu stellte Jeff Kwasi Klein die Erkenntnisse der vorangegangenen Diskussionsveranstaltung als Handlungsempfehlungen zur Stärkung von BIPoC und Menschen mit Migrationsgeschichte in der Verwaltung vor. Ein wichtiger Aspekt sei hier, dass es nicht ausschließlich um Menschen mit Migrationsgeschichte gehe, sondern um Menschen, die Rassismuserfahrungen und Diskriminierung ausgesetzt sind, also um BIPoC und Menschen mit Migrationsgeschichte. Bisher wird nur der so genannte Migrationshintergrund erfasst, der jedoch auch Menschen, die nicht von rassistischer Diskriminierung betroffen sind, einschließt. Laut Zahlen zum Migrationshintergrund besteht eine Unterrepräsentation in folgender Form: In Berlin haben 35% der Personen einen Migrationshintergrund, in der Berliner Verwaltung sind es jedoch nur 12%.

Quote als eine von vielen Möglichkeiten

Eine Fishbowldiskussion mit allen Teilnehmenden widmete sich unter Anderem der Frage, ob eine Quote für Menschen mit Migrationsgeschichte eine positive Diskriminierungsform sei. Dazu stellte Elif Eralp klar, dass die Eignung als Grundsatz bei der Einstellung nach wie vor an erster Stelle stehe und die Quote erst danach greifen würde. In Bezug auf die Einstellungskriterien können jedoch Anpassungen vorgenommen werden. Sie stellte dazu die These zur Diskussion, dass nicht nur eine Art der Qualifikation maßgeblich sein solle, da nicht alle Menschen dieselben Chancen haben, z.B. formale Abschlüsse zu erreichen. Auch Frauen, die viel Zeit in Care-Arbeit investiert und somit weniger Chancen auf beruflichen Aufstieg haben, seien häufig durch starre Kriterien bei der Stellenbesetzung benachteiligt.

Mehrere Menschen, die als Publikum in Stuhlreihen sitzen, halten grüne Abstimmungskarten in die Höhe

Genauso, das ergab die Diskussion, ist eine Quote nur eine von vielen Möglichkeiten, gegen Unterrepräsentation vorzugehen. Es muss auch ein diskriminierungssensibles Umfeld geschaffen werden und eine Formalisierung von Strukturen, damit eine bessere Übersicht über Perspektiven und Erfahrungen entsteht. Diese Ansätze erfordern Pilotprojekte und viel Pionierarbeit.

Handlungsempfehlungen

Die Ideen und Anregungen aus der Diskussion werden nun in die Überarbeitung der Handlungsempfehlungen zur Stärkung von BIPoC und Menschen mit Migrationsgeschichte einfließen.

Die Teilnehmenden waren sich einig, dass der Prozess der Stärkung von BIPoC und Menschen mit Migrationsgeschichte in gesellschaftlichen Strukturen nur über die enge Kooperation von Migrantischen Selbstorganisationen und Vertreter:innen verschiedener Communities und Institutionen mit Verwaltung, Politik und Unternehmen auf Augenhöhe funktionieren kann.

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